The Hearing Car auf Erprobungsfahrt

Pressemitteilung / Oldenburg /

Bei Pkws verlassen wir uns seit vielen Jahren auf Kameras, Lidar und Radar, um ihre Umwelt zu erfassen. Aber die Wahrnehmung von Außengeräuschen fehlt bislang, auch mit Blick auf das automatisierte Fahren. Daher forscht das Fraunhofer IDMT-HSA mit dem hörenden Auto im Projekt KI4BoardNet an der Integration akustischer Sensorik. Nun hat der Oldenburger Institutsteil Forschungsfahrzeuge mit neuen Mikrofonen und eigens entwickelter Messtechnik ausgestattet. Um beides zu testen, ging es im Frühjahr zusammen mit dem Projektpartner CARIAD SE zum Prüfgelände in Schweden.

© Fraunhofer IDMT
Die Versuchsfahrzeuge des Fraunhofer IDMT und der CARIAD SE unterwegs, um neue Sensorik und Messtechnik bei Eis und Schnee auf die Prüfung zu stellen.
© Fraunhofer IDMT/Leona Hofmann
Erstmals wurde eine eigenes entwickelte Fraunhofer-Messtechnik in die Autos integriert. So können die Forschenden die Technik leicht an individuelle Bedürfnisse anpassen.
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Moritz Brandes leitet das Projekt The Hearing Car und koordiniert die Forschung des Fraunhofer IDMT im Projekt KI4BoardNet.
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Hagen Jaeger betreut von Seiten CARIAD SE das Projekt KI4BoardNet. Als Konsortialführer bringen sie unter anderem die Sensorik für die Straßenzustandserkennung in das Projekt ein.
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Zur Detektion von Verschmutzungsgraden und Veränderungen an den Mikrofonen werden sogenannte Sweep-Messungen eingesetzt. Daei handelt es sich um eine Methode der Audio-Messtechnik.

Täglich nehmen wir Menschen unterschiedliche Geräusche wahr. An einer Kreuzung fährt ein Elektrofahrzeug an Fußgängerinnen vorbei, auf der anderen Straßenseite bellt ein Hund, während ein Radfahrer klingelt. Aus der Ferne nähert sich ein Krankenwagen. Außenmikrofone am Auto sollen der Erkennung von Einsatzfahrzeugen im Straßenverkehr für das automatisierte Fahren dienen. Doch auch andere Szenarien sind denkbar. So lässt sich die akustische Sensorik zum Beispiel mit Spracherkennungssystemen kombinieren, um von außen mit dem Fahrzeug per Sprachbefehl zu interagieren.

Robuste Technologien für Einsatz bei Nässe, Frost oder Hitze

Auf einer Erprobungsfahrt nach Schweden galt es zu klären, wie sich die neu integrierte Messtechnik in Hinblick auf Zuverlässigkeit und Usability verhält. Die Forscherinnen und Forscher wollten herausfinden, wie die Mikrofone bei unterschiedlichen Witterungsverhältnissen und Verschmutzungsgraden agieren.

»Gemeinsam mit CARIAD, dem Automotive-Software-Unternehmen der Volkswagen Group, testen und entwickeln wir am Fraunhofer IDMT in Oldenburg Algorithmen und Mikrofonhardware, um die akustische Sensorik für die Serienreife vorzubereiten.« erklärt Moritz Brandes, Projektleiter The Hearing Car am Fraunhofer-Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA. Die Forschenden setzen dabei ihre Kompetenz in der akustischen Mustererkennung sowie Sensordatenfusion ein, aber auch wichtiges Domänenwissen. » Neben Kaltland-Erprobungen finden auch regelmäßig Tests in Südeuropa statt, um auch den Einfluss von Hitze zu erforschen. 

Einige Entwicklungen sind Teil des größeren Forschungsvorhabens »KI4BoardNet«, das unter anderem die akustische Umfelderfassung und Boardnetz-Architektur moderner Fahrzeuge definiert und weiterentwickelt. »Unsere Tests zeigen, dass Außenmikrofone die Art und Weise verändern können, wie wir mit unseren Autos interagieren, und in Kombination mit optischer Sensorik die Sicherheit für automatisierte Fahrfunktionen verbessern.« sagt Hagen Jaeger, Product Owner Exterior Acoustic Perception bei CARIAD. Erste Analysen der Daten aus Straßentests unter verschiedenen Bedingungen – von Schnee und Eis bis hin zu Hitze und Nässe – zeigen positive Ergebnisse.

In regelmäßigen Abständen veröffentlicht das Fraunhofer IDMT nun auf seinem LinkedIn-Kanal dokumentarische Videos zur Reise des hörenden Autos nach Schweden.

Das Bordnetz als intelligente Fahrzeugkomponente

Ziel im Projekt »KI4BoardNet« ist es, die Architekturen, Komponenten und Entwurfswerkzeuge für das Fahrzeugbordnetz der Zukunft zu entwickeln. Hierbei sollen dynamische und durch Künstliche Intelligenz unterstützte Entwurfsprozesse sowie eine maximale Automatisierung bei der Entwicklung und Fertigung von Bordnetzen gemeinsam erforscht und umgesetzt werden.

Das ist notwendig, da die Konzeption von Fahrzeugen zunehmend digitale Komponenten beinhaltet. Die Daten dafür müssen meist in Echtzeit verarbeitet werden, was dem Bordnetzwerk viel abverlangt. Gleichzeitig steigt die Zahl der elektrischen Verbraucher und die Anforderungen an die Qualität der Spannungsversorgung. Das Fraunhofer IDMT unterstützt bei der Erstellung von Anforderungsdefinitionen an KI-fähige Steuergeräte und das Energiesystem zur Spannungsversorgung von KI-getriebener Sensorik. Die Fahrzeuginformationen, etwa zum Stromverbrauch eines Elektrofahrzeugs oder der Fahrgeschwindigkeit, sollen mit den aufgezeichneten Mikrofondaten fusioniert werden, um neue Anwendungsfelder zu erschließen. 

Die Technologieentwicklung für das hörende Auto wird im Programm »Vorab« durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die VolkswagenStiftung sowie im Forschungsprojekt »Integrale agile E/E-Entwicklung für fusionierte und standardisierte Energie- und Datenbordnetze« – kurz KI4BoardNet durch das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) gefördert.

 

Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA am Fraunhofer IDMT in Oldenburg

Der im Jahre 2008 unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Birger Kollmeier und Dr. Jens-E. Appell gegründete Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT steht für marktnahe Forschung und Entwicklung mit Schwerpunkten auf

  • Sprach- und Ereigniserkennung
  • Klangqualität und Sprachverständlichkeit sowie
  • Mobile Neurotechnologie und Systeme für eine vernetzte Gesundheitsversorgung.

Mit eigener Kompetenz in der Entwicklung von Hard- und Softwaresystemen für Audiosystemtechnologie und Signalverbesserung setzen die Mitarbeitenden am Standort Oldenburg wissenschaftliche Erkenntnisse in kundengerechte, praxisnahe Lösungen um.

Über wissenschaftliche Kooperationen ist der Institutsteil eng mit der Carl von Ossietzky Universität, der Jade Hochschule und der Hochschule Emden/Leer verbunden. Das Fraunhofer IDMT ist Partner im Exzellenzcluster »Hearing4all« und im Sonderforschungsbereich »Hörakustik«.

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