Mit zahlreichen Beiträgen präsentiert sich das Fraunhofer IDMT auf der diesjährigen DAGA und gibt Einblicke in aktuelle Forschungsergebnisse – von virtueller, akustischer Produktentwicklung über Aktivitäten im Bereich der MEMS-Lautsprecherentwicklung bis hin zur akustischen Überwachung von Produktionsprozessen und Produkten auf Grundlage Künstlicher Intelligenz. 

Virtuelle, akustische Produktentwicklung

 

Auralisation in der virtuellen Produktentwicklung als Werkzeug für »Design for Acoustics«

Christoph Sladeczeck, Bernhard Fiedler, Sandra Brix, Joachim Bös
Vorkolloquium: Design for Acoustcis
Montag, 16. März 2020, 14.35 Uhr, Blauer Saal

In der industriellen Produktentwicklung werden akustische Produkteigenschaften heutzutage leider immer noch viel zu selten von Anfang an konsequent berücksichtigt und gezielt modelliert (»designt«). Dies liegt u. a. daran, dass es bislang nicht so einfach möglich ist, die Auswirkungen von Designänderungen auf die Geräuschentstehung unmittelbar hörbar und somit erlebbar zu machen. Hingegen kann man mithilfe gängiger CAD-Software relativ einfach sehr realistisch wirkende Visualisierungen, d. h. optische Darstellungen des künftigen Produkts, erzeugen. Hier setzt die sog. Auralisation, also die »Hörbarmachung« akustischer Produkteigenschaften, an. Numerische Simulationsdaten werden hierbei nicht nur wie üblich durch Falschfarbendarstellungen visualisiert, vielmehr werden räumliche Tonwiedergabeverfahren verwendet, um diese Daten direkt hörbar zu machen. Dabei spielt nicht nur die Simulation des strukturdynamischen und vibroakustischen Produktverhaltens, also der eigentlichen Geräuschquelle, eine wichtige Rolle, sondern auch eine realitätsnahe Berücksichtigung der akustischen Raum- und Umgebungseigenschaften. So ist es möglich, das Produkt für den selben Betriebszustand in unterschiedlichenUmgebungen zu erleben, um die psychoakustische Rückwirkung auf den empfundenen Produktklang direkt evaluieren zu können.

Der Beitrag beschreibt Anwendungsfälle, für die akustische Produkteigenschaften erfolgreich auralisiert werden konnten, und stellt die Herausforderungen dar, die einer breiten Anwendung dieses nützlichen Werkzeuges als Unterstützung beim »Design for Acoustics« derzeit noch im Wege stehen.
 

MEMS-Lautsprecherentwicklung

Strukturierte Sitzung zum Thema »MEMS-Lautsprecher – ein Paradigmenwechsel«
Leitung: Dr.-Ing. Daniel Beer


Beiträge des Fraunhofer IDMT:

Integrierter piezoelektrischer MEMS-Lautsprecher für In-Ear-Anwendungen

Fabian Stoppel (Fraunhofer ISIT), Andreas Männchen (Fraunhofer IDMT) , Florian Niekiel (Fraunhofer ISIT), Daniel Beer (Fraunhofer IDMT), Bernhard Wagner (Fraunhofer ISIT)
Dienstag, 17. März 2020, 13.20 Uhr, Neuer Saal

In diesem Beitrag wird ein MEMS-basiertes In-Ear Kopfhörer-System vorgestellt. Das zentrale Element bildet ein vollständig in Standard- MEMS-Technologie gefertigter Chip-Lautsprecher. Dieser verfügt über mehrere piezoelektrisch angetriebene Biegeaktoren, die über wenige Mikrometer feine Schlitze mechanisch voneinander entkoppelt sind und direkt zur Schallerzeugung verwendet werden. Kombiniert mit einem In- Ear-Gehäuse und einer Ansteuerelektronik zeichnen sich die MEMSLautsprecher durch eine hohe Leitungsfähigkeit bei geringem Bauvolumen aus. So werden in einem IEC 60318-4 Ohr-Simulator über den gesamten hörbaren Frequenzbereich Schalldruckpegel von bis zu 110 dB erreicht. Darüber hinaus verfügen die Kopfhörer über eine hohe elektroakustische Effizienz von über 120 dB/mW, geringe Verzerrungen und eine weit über den hörbaren Bereich hinausgehende Wiedergabebandbreite. Der Vortrag behandelt die Technologie und eine umfassende elektroakustische Analyse der In-Ear-Kopfhörer. Darüber hinaus wird das enorme Entwicklungspotential in Bezug auf zukünftige Lautsprecher-Generationen diskutiert.

Schallausbreitung in Mikrokanälen

Daniel Beer
Dienstag, 17. März 2020, 15 Uhr, Neuer Saal

Ein wesentliches Bestreben der Hersteller von Kopfhörern, Hearables, Hörgeräten und Mobiltelefonen besteht in der Ausstattung der Geräte mit noch besseren Klangeigenschaften und einer größeren Funktionsauswahl. Gleichzeitig sollen die Handhabbarkeit bzw. der Tragekomfort und die Akkulaufzeit verbessert werden. Die elektroakustische Herausforderung besteht somit darin, trotz immer weniger Bauraum für die Schallwandler, Schallwandlersysteme einen großen Klang und eine hohe Effizienz zu erzielen. Die MEMS-Technologie (Micro-Electro-Mechanical-Systems) bietet viel Potential, um Schallwandler hochpräzise bis in den Submikrometerbereich zu fertigen. Gleichzeitig können der Schallwandler und die zugehörige Ansteuerelektronik in einem Gehäuse, etwa als Lautsprecher-Chip bzw. -Modul, intergiert werden. Im Vergleich zu bisherigen Absätzen ist eine deutlich höhere Miniaturisierung des Schallwandlersystemsmöglich. Wie sieht es aber mit der Schallausbreitung in derart winzigen Strukturen aus? Welche Effekte müssen ggf. beim Systementwurf berücksichtigt werden?
 

Akustische Überwachung von Produktionsprozessen und Produkten auf Grundlage Künstlicher Intelligenz

 

Luftschallbasierte Leckagendetektion

Judith Liebetrau
Mittwoch, 18. März 2020, 13.40 Uhr, Raum 7

Druckluft wird in vielen Industriezweigen eingesetzt und zählt zu den teuersten Betriebsmitteln von Industrieanlagen. Durchschnittlich zehn Prozent des gesamten Energieverbrauchs und je nach Standort oder Technologie, sogar bis 90 Prozent wird für die Aufrechterhaltung des Drucks verwendet. Eine effiziente Detektion und Beseitigung von Leckagen und Undichtigkeiten gehen daher mit Kosteneinsparungen durch verminderten Energieaufwand und erhöhte Betriebssicherheit einher. Einige Verfahren der Dichtigkeitsmessung basieren auf der Messung von Schallemissionen. Im Bereich der luftschallbasierten Leckagendetektion setzt man unter anderem auf das bloße Gehör von geschultem Personal oder auf Verfahren außerhalb des hörbaren Bereichs mittels Ultraschall.

In diesem Vortrag wird die Möglichkeit einer luftschallbasierten Leckagendetektion im hörbaren Frequenzbereich unter Nutzung von künstlichen neuronalen Netzen vorgestellt. Die Planung, Durchführung und Auswertung von systematischen Experimenten in Laborbedingungen wird präsentiert. Geräusche einer einstellbaren Leckage an einer pneumatischen Vorrichtung wurden in unterschiedlichen Abständen mit und ohne Hintergrundschall aufgenommen. Diese Daten wurden mit Hilfe eines neuronalen Netzes analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Leckagedetektion mittels Luftschall im hörbaren Bereich unter Verwendung von maschinellen Lernverfahren generell möglich ist. Die Erkenntnisse sollen zur Entwicklung von Algorithmen genutzt werden, welche es ermöglichen, entweichende Prozessluft berührungslos durch den Einsatz von Mikrofonen zu erkennen und somit die Leckagedetektion zu unterstützen.


Acoustic monitoring for industry environments

Hanna Lukashevich
Mittwoch, 18. März 2020, 14.20 Uhr, Neuer Saal

Sound is surrounding us; it is a natural source of information. Industrial environments are as well full of intended and unintended sounds. With the state- of-the-art intelligent acoustic measurement systems, we can make use of these sounds and gain information that help us to make production sites more efficient. The talk will cover multiple use cases of acoustic condition monitoring in industry environments. In addition to the algorithmic approach of information retrieval, based on digital signal processing and machine learning, the talk will address the implementation aspects, covering the requirements analysis with customer constraints; privacy and security; challenges on data acquisition and data annotation; model quality and acceptance; deployment and integration.