Die Wünsche des Radiohörers

Ein personalisiertes Radio- oder Fernsehprogramm? Dafür gilt es zunächst einmal, die Wünsche des jeweiligen Nutzers herauszufinden. Ein neuartiges Tool kombiniert die bisherigen Ansätze und vereint ihre Vorteile.

Stöbert man durch die Angebote von Internetshops, erscheint immer wieder der Hinweis: „Auch diese Produkte könnten Sie interessieren…“. Mit solchen Empfehlungen wollen die Online-Verkäufer den Kunden interessiert halten und das Angebot auf seine Interessen und Bedarfe zuschneiden. Auch Radio- und Fernsehsender möchten auf die individuellen Wünsche ihrer Hörer und Zuschauer eingehen und benötigen entsprechende Empfehlungswerkzeuge.

Empfehlungen lassen sich sowohl auf Basis einer Inhaltsanalyse als auch auf Basis einer Nutzungsanalyse erstellen. Über manuell oder über automatische Analyse erstellte Metadaten wissen die Sendeanstalten einerseits, welche Inhalte in den einzelnen Sendeabschnitten stecken – und können dem Nutzer somit ähnliche Inhalte anbieten wie die, die er bisher aufgerufen hat oder die zu seinen angegebenen Präferenzen passen. Eine Alternative dazu ist andererseits das sogenannte „collaborative filtering“: Dabei  ermittelt man mittels der Nutzungsdaten Zusammenhänge zwischen verschiedenen Nutzern oder benutzen Inhalten und zieht so Rückschlüsse mögliche Wünsche des aktuellen Nutzers. Beide Verfahren haben spezifische Vor- und Nachteile: Mit dem ersten lassen sich z.B. besser Empfehlungen über verschiedene Medientypen hinweg (Bild, Text, Audio, Video) realisieren, mit dem zweiten kann man dynamisch auf die Nutzung reagieren.

Forscherinnen und Forscher aus dem Fraunhofer IDMT kombinieren beide Methoden zu sog. hybriden Empfehlungssystemen. Auf diese Weise wollen sie die Vorteile beider Ansätze vereinen und die Nachteile ausmerzen. In einem ersten Szenario haben sie das Tool bereits eingesetzt. „Autoren sollten für ein Webportal Textbeiträge verfassen und dabei möglichst stark auf existierende Audio- und Videomaterialien zurückgreifen können, die die Inhalte interessanter machen“, berichtet Patrick Aichroth, Gruppenleiter am Fraunhofer IDMT. „Für die Autoren war es jedoch eine mühsame Angelegenheit, die jeweils passenden Audio- und Videodateien zu suchen. Mit unserem hybriden Empfehlungssystem geht das nun automatisch.“ Dabei ermittelt eine Texterkennung ständig, worüber der Autor momentan schreibt. Das System vergleicht die Ergebnisse mit den Metadaten der Audio- und Videodateien und erstellt eine inhaltsbasierte Empfehlung von Video- und Audiomaterial. Zugleich berücksichtigt das System jedoch auch das Nutzungsverhalten der Autoren  – es fließen also beide Filtermöglichkeiten mit ein.

Um die bei solchen Verfahren immer relevanten Datenschutzbedenken zu adressieren, steht den Forschern dabei ein am Fraunhofer IDMT entwickeltes patentiertes Verfahren zur Verfügung, das reale Identitäten und Pseudonyme der Nutzer stark voneinander entkoppelt: So können Datenanalysen, Personalisierungs- und Empfehlungsdienste realisiert werden, die an ein Pseudonym gebunden sind, das nachweislich einer realen Identität entspricht. Der reale Nutzer kann über dieses Pseudonym aber nicht mehr ermittelt werden – selbst dann nicht, wenn die Daten abhandenkommen. 

 

Der Artikel ist zur IBC 2019 in der »Trendbroschüre Digitale Medien Ausgabe  9« der Fraunhofer Allianz Digital Media erschienen.

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